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Mitten im zweiten Lockdown, der auch Theaterautor:innen hart traf, setzte das Berliner Ensemble einen Fonds auf, um Dramatiker:innen zu unterstützen. An einem Thementag zur Gegenwartsdramatik werden nun die mit Hilfe des Fonds entstandenen Texte in kurzen szenischen Lesungen vorgestellt. Die Teilnehmer:innen diskutieren in verschiedenen Panels über die Schwierigkeiten, unsere Welt mittels Theater zu beschreiben, schreibend die Zukunft zu denken und das Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Katastrophe aus- zuloten.
OLM von Philipp Gärtner
Dem Marder die Taube von Caren Jeß
Und wenn doch alles verschwindet dann bleiben wir einfach da von Gerhild Steinbuch
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen des Thementages ist frei, ohne Voranmeldung.
OLM
VON PHILIPP GÄRTNER
"Ich als Naturwissenschaftlerin sollte eigentlich dankbar für die nach wie vor bestehende Widerständigkeit der Natur sein."
Ein äußerst heterogenes Wissenschaftler:innen-Team macht sich auf den Weg in ein urzeitliches Höhlensystem. Ziel der Expedition ist die Erprobung neuer Energiegewinnung. Doch die zwischenmenschliche Dynamik der Gruppe hält unvorhergesehene emotionale Sprengsätze bereit. Und die Olme, welche in den Höhlen leben, scheinen die Höhlenforscher:innen in eine andere Zeitrechnung zu katapultieren. Wie viel wissen wir aufgrund von fortschreitender Naturwissenschaft und wie wenig über unsere ursprüngliche Natur? Verschwindet die Menschheit letzten Endes wieder in der Höhle, aus der sie kommt? Gärtners spielerisch verzahnte Erzählebenen beziehen menschliche Zeugnisse wie Tagebuchergüsse, apokalyptische Zeichnungen, geschmacklose Emojis in vorschnell abgeschickten Textnachrichten und Fake-Interviews humorvoll mit ein.
PHILIPP GÄRTNER lebt in Berlin und arbeitete nach der Schulzeit, dem Abitur und mehreren abgebrochenen Studiengängen u.a. als Aushilfe in der ambulanten Jugendhilfe und als Reinigungskraft in verschiedenen Nachtclubs. Seit 2012 ist er als freier Schriftsteller und Regisseur tätig. Er studierte Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin und war von 2017 bis 2021 Teil des Leitungskollektivs des Berliner Ringtheaters.
EINGELADEN ZUM HEIDELBERGER STÜCKEMARKT 2022
DEM MARDER DIE TAUBE
VON CAREN JEß
"Die Taube pickt Dürüm, pickt Würschtel, pickt Wurm."
Eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen zwei Frauen verschiedener Generationen, die am Rand der Gesellschaft leben. Erike arbeitet als Krankenpflegerin und lebt in einer bizarren Fantasiewelt mit ihren verstorbenen Eltern. Theta hat sich vom Berliner Kulturleben zurückgezogen und teilt ihr Leben lieber mit Tauben, die sie in einer Kleingartensiedlung hält. Tauben gehören zu den Kulturfolgern, das sind Tiere, die aufgrund von Menschen beeinflussten, landschaftsverändernden Maßnahmen Vorteile erlangen und deshalb dem Menschen in seine Kulturlandschaft folgen. Der Text befragt auf unterschiedlichen Erzählebenen das zutiefst ambivalente Verhältnis zwischen Mensch und Tier.
CAREN JEß wurde 1985 in Eckernförde geboren. Sie studierte Deutsche Philologie und Neuere Deutsche Literatur in Freiburg im Breisgau und Berlin und veröffentlichte 2017 ihr erstes Stück "Deine Mutter oder der Schrei der Möwe", welches den dritten Platz des Osnabrücker Dramatikerpreises belegte. 2020 wurde ihr Stück "Bookpink" für den Mühlheimer Dramatikpreis nominiert und Jeß zur Nachwuchsdramatikerin des Jahres gekürt.
UND WENN DOCH ALLES VERSCHWINDET DANN BLEIBEN WIR EINFACH HIER
VON GERHILD STEINBUCH
"Unsere Wälder, unsre Geschichte, Sagen."
Gerhild Steinbuch beschreibt in ihrem Stück eine Welt im Zerfall: Nach einem Waldbrand beschließen "Stolznationale" den Wald neu zu schaffen, ihren guten, deutschen Wald, als identitätsstiftenden Mythos. Sie graben dafür Bäume aus und lassen sie unter großem Aufwand umpflanzen, damit der Mythos wiederauferstehen kann. Doch eine kleine subversive Zelle versucht, das Vorhaben zu sabotieren, damit endlich eine andere Geschichte kommen kann. Der Wald als Ort und literarischer Topos kann identitätsstiftend sein, jedoch auch durch die Rechte vereinnahmt und zerstört werden. Doch lässt sich das Narrativ des Waldes auch anders erzählen? Der Wald als ein Ort, mit[1]einander vernetzter und gleichwertiger Perspektiven? Als ein "Archiv der Erinnerungen und der Unvollständigkeiten"?
GERHILD STEINBUCH, 1983 geboren, ist eine österreichische Dramatikerin und Übersetzerin. Sie studierte Szenisches Schreiben in Graz und Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Steinbuch wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und unterrichtet am Institut für Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien sowie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.