1. Runde: Die Kontrahenten
2. Runde: Sein ohne Zeit
Obwohl Brechts Liebe zum Sport platonisch war, schätzte er den Boxsport sehr – weil er richtig gefährlich war. Als die Boxhandschuhe zum Schutze der Sportler eingeführt wurden, hielt er das für den Ruin des Sports. Sowieso, konstatiert Brecht, "ist Sport aus Hygiene etwas Abscheuliches". Es geht nicht um kultivierte Gesellschaftsfähigkeit, nicht um einen über sich selbst hinausweisenden Zweck.
Am 28.2.1924 lernte Brecht den amtierenden Boxmeister im Halbschwer- und Schwergewicht Paul Samson-Körner kennen. Laut Brecht ist dieser ein "besonders bedeutsamer Typus". Das etwas oder jemand der Wirklichkeit entspricht, ist dabei besonders wichtig für Brecht. Nicht aber im sterilen Sinne von Statistik, sondern betrachtet durch alle Unwägbarkeiten, die ein Leben mit sich bringt: die Glücksfälle, besonders aber auch die Verfehlungen und Demütigungen.
"Das erste, was da sein muss, damit ein richtiger Boxer zustande kommt, ist das Herz."
Bertolt Brecht
Sport ist existentieller Zeitvertreib, Sein ohne Zeit. Deswegen auch "besonders bedeutsamer Typus": Ein Tagelöhner und Ausreißer, der zur See fährt, sich treiben lässt, um nach vielen Niederlagen und Enttäuschungen schließlich zum Boxen zu finden. Nur hier kommt man ohne Umschweife zum Wesentlichen – und sonst nirgendwohin; denn schließlich, so Norbert Bolz, "ist die Moral des Wettkampfes viel plausibler und prägender als der kategorische Imperativ." Nicht die Siege und Triumphe, sondern vielmehr die kleinen Niederlagen und alltäglichen Demütigungen waren es, die Samson-Körner erkennen ließen, dass wir möglicherweise nicht nur für das verantwortlich sind, was wir selbst tun, sondern auch für das, was uns angetan wird. Was bleibt von einer Existenz, wenn alles auf die eigenen Entscheidungen zurückfällt?
3. Runde: Das Boxen und die Literatur
Sport im Allgemeinen und Boxen im Speziellen bot schon immer, besonders aber im 20. Jahrhundert für zahlreiche SchriftstellerInnen und KünstlerInnen eine Inspirationsquelle. Von Ernest Hemingway bis Norman Mailer, Joyce Carol Oates oder eben Bertolt Brecht – sie alle liebten Boxen für den existentiellen Gestus, der, so häufig die Schlussfolgerung, wie das Leben selbst sei. Hier ein kurzer Beitrag von Kulturzeit, der einige dieser KünstlerInnen-Beziehungen zum Boxen näher beleuchtet.
4. Runde: Boxen als Metapher fürs Leben
"Obwohl Boxen sehr viel mit dem wirklichen Leben zu tun hat, ist es keine Metapher für das Leben. Es ist eine geschlossene , auf sich selbst bezogene Welt, mit nichts zu vergleichen. Das Leben dagegen als Metapher für das Boxen wäre eine mögliche Vorstellung – Metapher für einen dieser Kämpfe, die nicht enden wollen, Runde folgt auf Runde […], keine Entscheidung […] wieder und wieder der Gegner, der dir so gleicht, dass du nicht die Augen davor verschließen kannst, dass du selbst dein Gegner bist."
"Der Lebenslauf des Boxers Samson-Körner", Bertolt Brecht
5. Runde: Grundregeln des Boxens
Boxen ist eine der Sportarten mit den wenigsten Einschränkungen durch Regeln. Sie beschränken sich lediglich auf die zulässigen Schläge und Körperstellen auf die geschlagen werden darf. In einem Boxkampf sind nur Schläge erlaubt, die mit der geschlossenen Faust ausgeführt werden. Jegliche Benutzung eines anderen Körperteils (beispielsweise des Fußes, der Innenhand, des Kopfes etc.) muss vom Ringrichter als Foul gewertet werden und zur Ermahnung, zu Punktabzügen oder im schlimmsten Fall zur Disqualifikation führen. Ein regulärer Schlag ist dann ausgeführt, wenn der Treffer auf der Vorderseite des Kopfes, des Halses, des gesamten Korpus bis zur imaginären Gürtellinie am Bauchnabel oder auf den Armen landet.
Häufig sieht man, dass sich Boxer ineinander verklammern. Dies kann verschiedene Gründe haben. Meistens jedoch verschaffen sich erschöpfte oder angeschlagene Boxer auf diese Weise eine Pause. Klammern stellt einen Regelverstoß dar, der aber aufgrund der Häufigkeit von den Ringrichtern manchmal geduldet wird.
Auch Schläge unter die Gürtellinie sind verboten, sie gelten als Foul und führen zum Punktabzug. Die unterschiedlichen regulären Schlagtechniken werden dabei unterschiedlich bezeichnet:
Jab (Abrupt geschlagene Gerade mit der Führhand)
Cross (Gerade, die mit der Schlaghand ausgeführt wird)
Haken (linker oder rechter Seitwärtshaken)
Aufwärtshaken (auch als Uppercut oder Kinnhaken bekannt)
Abwärtshaken (auch als Overcut bzw. Overhand bekannt)
6. Runde: Der "wahre" Lebenslauf des Boxers Samson-Körner im Überblick
Paul Samson-Körner (* 13. November 1887 in Zwickau; † 25. August 1942) war ein deutscher Boxer, Deutscher Meister im Schwergewicht sowie Deutscher Meister und Europameister im Halbschwergewicht.
Paul Körner, der sich später den Künstlernamen Samson zulegte, wanderte 1908 von Zwickau in die USA aus. Dort trat er einem Ring- u. Stemmclub bei und kam 1909 zum Boxen. Unter dem Pseudonym Jim Smith startete er zunächst als Profi in kleineren New Yorker Boxringen um Geld zu verdienen, betrieb aber gleichzeitig eine Ingenieursausbildung. 1912/13 hielt er sich in Panama auf und absolvierte auch dort Profikämpfe. 1914 wieder in New York, 1915 als Ingenieur in Chile, 1917 erneut in New York, boxte er an allen Orten, wo er gerade war und wurde 1917 Meister von Panama und Mittelamerika durch einen Sieg über Jack Ortega. Ab 1917 war er dann in den USA ein beliebter Sparringspartner von bekannten Boxgrößen wie Jack Johnson, Jess Willard, Jack Dempsey und Georges Carpentier.
1922 kehrte er nach Deutschland zurück und gewann im selben Jahr ganz überraschend gegen den deutschen Schwergewichtsmeister und Angriffsboxer Hans Breitensträter durch K.o. in der 9. Runde. Auch in einem Titelkampf um die deutsche Meisterschaft schlug er Breitensträter im Jahr 1924 K.o.; 1925 verlor er dann diesen Titel wieder an Breitensträter nach Punkten.
1926 verlor er umstritten gegen die neue Schwergewichtshoffnung Franz Diener.
Paul Samson-Körner wog nur etwa 80 kg, bei einer Größe von 1,80 m. Er war also eigentlich ein Halbschwergewichtler, aber er nahm furchtlos die schwersten Gegner an und zeigte in allen seinen Kämpfen viel Herz und Mut.
1927 bestritt er gegen Rudi Wagener in Dortmund seinen letzten Kampf. Sein Kampfrekord verzeichnet 67 Kämpfe mit 40 Siegen, wobei seine frühen Kämpfe in New York und in Mittelamerika nirgendwo verzeichnet sind.
Nach dem Ende seiner Karriere lebte Paul Samson-Körner noch einige Zeit von seiner Popularität, gab den Startschuss beim Berliner Sechstagerennen, arbeitete als Ringrichter und wurde er Filmschauspieler. Er drehte zum Beispiel 1935 gemeinsam mit Max Schmeling und Anny Ondra den Film "Knock Out".
Am 25. August 1942 verunglückte Paul Samson-Körner bei einem Verkehrsunfall tödlich.
7. Runde: Der Kampfrekord des Paul Samson-Körner
67 Kämpfe 41 Siege davon 32 vorzeitig 4 Unentschieden
Auflistung aller verzeichneten Boxkämpfe Samson-Körner.
8. Runde: Die Bühne
9. Runde: Das Team
Regie: Dennis Krauß
Dennis Krauß wurde 1991 in Berlin geboren. Von 2011-2014 studierte er Regie an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin.
Im Anschluss arbeitete er als Regieassistent wiederholt mit den Regisseuren Michael Thalheimer, Ulrich Rasche, Ersan Mondtag und Kay Voges an renommierten Theatern wie dem Berliner Ensemble, dem Schauspiel Frankfurt, der Deutschen Oper Berlin und bei den Salzburger Festspielen.
Erste eigene Regiearbeiten zeigte er ab 2012 etwa im Heimathafen Neukölln und am Hebbel am Ufer. Am Schauspiel Frankfurt inszenierte er Charles Dickens' "Weihnachtsgeschichte" (2015) sowie "Caligula" von Albert Camus (2017).
www.krauss-berlin.de/
Bühne & Kostüm: Johanna Meyer
Johanna Meyer ist Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie wurde in Ludwigsburg geboren. Von 2010-2015 studierte sie Bühnenbild bei Johannes Schütz an der Kunstakademie Düsseldorf (Diplom und Meisterschülerin) und realisierte erste eigene Arbeiten für Schauspiel-, Musiktheater- und Performance-Projekte, unter anderem am Schauspiel Essen und in der Tonhalle Düsseldorf, außerdem arbeitete sie regelmäßig mit den Komponisten Gerhard Stäbler und Kunsu Shim zusammen.
Als Atelier-, Produktionsassistentin und künstlerische Mitarbeiterin von Johannes Schütz und Janina Audick arbeitete sie für Inszenierungen am Residenztheater München, Young Vic Theatre London und beim Edinburgh International Festival. Seit 2017 ist Johanna Meyer feste Bühnenbildassistentin am Berliner Ensemble, wo sie das regelmäßige Late Night Format "BEnvenidos" ausstattet.
www.johannameyerstagedesign.com
© Akademie der Künste, Berlin, Bertolt-Brecht-Archiv FA 06/066, Foto: Alice Domker