Backstage

Ein Bett auf der Bühne

Das Berliner Ensemble bot Anfang des Jahres eine Übernachtung auf der Bühne auf Ebay an mit Bett, Gute-Nacht-Gedicht und Frühstück mit Intendant Oliver Reese. Vom 28. auf den 29. Januar verbrachten nun tatsächlich zwei Gäste eine Nacht allein im Großen Haus. Was es mit dieser außergewöhnlichen Aktion auf sich hat, erfahren Sie hier.

Ingo Sawilla | 29.01.25

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Der reguläre Vorverkauf für alle Vorstellungen im März startet am 4. Februar. Unsere Theaterkasse hat montags bis samstags von 10.00 Uhr bis 18.30 Uhr für Sie geöffnet.

Am 14. Januar veröffentliche das Berliner Ensemble unter dem Titel "Einmaliges Erlebnis: Eine Nacht auf der Bühne" eine ungewöhnliche Anzeige auf Ebay: "Sie wollen Ihre Hochzeitsnacht auf der Bühne verbringen oder jemandem eine besondere Freude zum Geburtstag oder zum Jahrestag machen? Lassen Sie sich diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen und schlafen Sie auf den Brettern, die die Welt bedeuten! Bieten Sie jetzt für eine exklusive Übernachtung im Theater, in dem u.a. 'Die Dreigroschenoper' uraufgeführt wurde und eine Folge von 'Babylon Berlin' spielt. Es gibt zum ersten Mal in der Geschichte des Berliner Ensembles die Möglichkeit für Privatpersonen, in diesem geschichtsträchtigen Theatergebäude zu übernachten."

© Ingo Sawilla

Zeichen gegen den Ausverkauf der Berliner Kultur

Die Resonanz auf diese Versteigerung, die als ironischer Kommentar die Diskussion über die unverhältnismäßigen Kulturkürzungen weiterführen sollte, schlug hohe Wellen. 

Reaktionen erreichten das Theater aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und sogar auch China, spanische und italienische Medien berichteten ebenso wie das französische Fernsehen.

Intendant Oliver Reese erklärt den Hintergrund: "Wir haben monatelang mit #BerlinIstKultur dafür gekämpft, dass die Kürzungen nicht so hart ausfallen. Und auch jetzt wollen wir mit dieser Aktion die Debatte weiter führen, denn die Verhandlungen für den Haushalt 2026 beginnen bald. Wir wollen zeigen, wie absurd manche Spartipps aus der Politik sind, denn wir arbeiten bereits sehr wirtschaftlich. Es kann doch niemand ernsthaft wollen, dass Kultureinrichtungen künftig wie privatwirtschaftliche Unternehmen funktionieren sollen, und aus dem Berliner Ensemble ein Airbnb wird…"

Die Auktion endete am 21. Januar nach insgesamt 95 Geboten mit 1.500 Euro. Am 28. Januar konnte das Theater schließlich die beiden Meistbietenden Stefanie und Christoph Siegmann am Berliner Ensemble begrüßen und ihnen eine besondere Nacht bereiten.

Eine Nacht auf der Bühne

Nachdem die Bühne nach der Vorstellung von "Der kaukasische Kreidekreis" vom Kunstblut gereinigt wurde, konnten sie ihre "Herberge" auf der großen Bühne beziehen: Requisite und Bühnentechnik hatten die Unterkunft u.a. mit einer Couch und einer gefüllten Minibar ausgestattet, es gab Pralinen und Schlafmasken auf dem Kopfkissen sowie Brecht-Bettlektüre auf dem Nachttisch. 

Die Beleuchtungsabteilung hatte einen Lüster über der Bühne angebracht und ein separates Schaltpult installiert, so dass die Gäste auch nachts selbst das Licht im Saal und auf der Bühne steuern konnten. In einer Ensemble-Garderobe, die als Waschgelegenheit diente, warteten neben zwei Bademänteln ein Wasserkocher, Tee und Wärmflaschen, falls es nachts auf der Bühne zu kalt werden sollte. Stefanie Reinsperger besuchte das Paar nach der Vorstellung auf der Bühne und direkt vorm Schlafengehen gab es noch ein Gute-Nacht-Gedicht von Bettina Hoppe, das die Gäste vorab aus verschiedenen Vorschlägen auswählen konnten "Fünf mögliche Gebete" von Marie Luise Kaschnitz. 

Nach dem Checkout um 8.00 Uhr pünktlich zum Schichtbeginn der Bühnentechnik gab es am nächsten Morgen noch ein gemeinsames Frühstück mit Intendant Oliver Reese in der BE-Kantine.

Im Interview mit nachtkritik.de beschreiben Stefanie und Christoph Siegmann ihre Beweggründe, bei der Auktion mitzumachen, ausführlich: "Es ging uns primär um die Geste, das BE zu unterstützen und damit gegen die Kürzungen zu protestieren. Das ist uns wahnsinnig wichtig. Wir sind entsetzt darüber, wie das Ganze hier in Berlin abgelaufen ist, ohne die Betroffenen mit einzubeziehen und das überhaupt erst vier Wochen vor Jahresende zu kommunizieren. Das ist eine Katastrophe! Als wir das mitbekommen haben, haben wir zuhause darüber nachgedacht, was wir beitragen könnten, wie wir helfen könnten."

Bei allem Witz, der in dieser ein bisschen scherzhaften Aktion auch steckt, sei der Hintergrund ernst, betont Oliver Reese: "Wir kämpfen weiterhin gemeinsam mit allen Kultureinrichtungen für die kulturelle Vielfalt Berlins. Wir wollen Theater für alle machen heute und auch in Zukunft."