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25 Jahre beschäftigte sich Richard Wagner mit dem "Ring des Nibelungen", seinem Hauptwerk, dem die Nibelungensaga zu Grunde liegt. Er eignete sich den urdeutschen Mythos an und erschuf im Zusammenklang mit der Komposition ein zu seiner Zeit inhaltlich wie musikalisch revolutionäres Werk. Zentrales Thema des Mythos – schon bei Wagner – ist der Raubbau an der Natur durch den Menschen. Der Raub des Goldes durch den Nibelungen Alberich aus dem Rhein, der am Anfang des Ringes steht, läutet die Götterdämmerung und damit den Untergang der Welt ein.
150 Jahre später hat nun der österreichische Autor Thomas Köck den Wagnerschen Ring für das Berliner Ensemble überschrieben. Dabei arbeitet er mit Versatzstücken des Originaltextes, die er spannungsvoll mit den eigenen Texten verwebt. Dem Text von Thomas Köck steht die Musik von Max Andrzejewski gegenüber. Der Komponist hat für die vier Teile des Rings eigene Ouvertüren für ein ungewöhnlich besetztes 12köpfiges Kammerensemble (Klassische Instrumente plus E-Gitarre, Synthesizer, Drumset und Elektronik) als musikalischen Kommentar auf Wagners Ouvertüren geschrieben.
Wagners Personage, Inbegriff deutscher Geschichte und vermeintlichen Heldentums, irrlichtert durch eine Nervenheilanstalt. Am Helden Siegfried soll eine Lobotomie vollzogen werden, Erzfeind Hagen will sein Gedächtnis auslöschen. Im Anblick des nahenden Endes verliert sich Siegfried mehr und mehr in der Welt des Ringes und das Publikum trifft mit ihm auf Nibelungen, Riesen, Zwerge, Walküren, Rheintöchter und all die anderen mythischen Figuren des Wagnerschen Ring, die allerdings – von Köck mit der Gegenwart konfrontiert – das eigene Handeln und den Status Quo von Gesellschaft, Wirtschaft, Natur, Gesetze und Macht der Märkte sowie Richard Wagners Antisemitismus diskutieren.
Regisseur Ersan Mondtag arbeitet in Schauspiel und Oper, national und international. Seine bildgewaltigen und hoch artifiziellen Regiearbeiten wurden u.a. drei Mal zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Am Berliner Ensemble hat er zuletzt "Baal" von Bertolt Brecht inszeniert.
Autor Thomas Köck wurde für seine Theatertexte mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2018 mit dem Literaturpreis "Text & Sprache" des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft sowie 2018 und 2019 mit dem Mülheimer Dramatikerpreis, zuletzt auch mit dem Publikumspreis der Mülheimer Theatertage NRW.
Max Andrzejewski (*1986) ist Schlagzeuger und Komponist, wohnhaft in Berlin. Seine musikalische Arbeit bewegt sich zwischen experimentellem Jazz und zeitgenössischer Komposition. Andrzejewski ist weltweit als tourender Musiker unterwegs und erhielt Kompositionsaufträge für das das Ensemble Resonanz Hamburg, das Podium Festival Esslingen, das aDevantgarde Festival München, das Thalia Theater Hamburg, die Münchner Kammerspiele, das Theater Basel, das Maxim Gorki Theater uvm.
Siegfried wird in die Psychiatrie eingewiesen. Hier soll er unter Anleitung von Wotan, dem scheidenden Göttervater alias Oberarzt der Klinik, einer Lobotomie unterzogen werden. Mit dem Eingriff will sein Ziehvater Mime Siegfrieds Erinnerungen an eine Kindheit voll Missbrauch auslöschen. Er hat dazu einen Vertrag mit dem aufstrebenden Manager der Klinik Hagen geschlossen, der einen schnellen und erfolgreichen Eingriff garantiert. Siegfried flüchtet sich in die Phantasie, er imaginiert Bilder, Welten, Nibelungen ...Und so treffen wir in der Psychiatrie plötzlich auf Alberich. Der Nibelung nimmt das Rheingold an sich, welches die Rheintöchter im Auftrag Wotans bewachen und lässt einen Ring daraus schmieden, der seinem Träger große Macht verleiht. Während Wotan die Lobotomie an Siegfried weiter vorbereitet, fordern dann die unterbezahlten Wärter alias Pflegekräfte alias Riesen Fasolt und Fafner den vereinbarten Lohn für das Stadtschloss, das sie Wotan gebaut haben. Sie nehmen Siegfried als Pfand, bis Wotan sie auszahlt. Um seine Schulden zu begleichen, stiehlt Wotan von Alberich den aus dem Rheingold geschmiedeten Ring. Alberich belegt diesen mit einem Fluch, der seinen Besitzer zu Gier und Unglück verdammt. Der Fluch zeigt seine Wirkung: Beim Kampf darum wird Fasolt von Fafner getötet. Erda the babbling corpse, die allwissend durch die Psychiatrie wandelt, verrät Siegfried, dass er sich befreien kann, wenn er das Rheingold bzw. den Ring an sich bringt. Siegfried gelangt an ein Skalpell alias Messer alias das Zauberschwert Nothung und versucht aus der Psychiatrie zu entkommen. Er ersticht einen Pfleger, der sich seiner Flucht in den Weg stellt. Die Zwillinge Siegmund und Sieglinde, ebenfalls Insassen der Klinik, versuchen zu fliehen. Siegmund wird dabei von den Krankenschwestern alias Walküren getötet. Brünnhilde, Tochter von Wotan, die in der Klinik für dessen Versuche missbraucht wird, verhilft der schwangeren Sieglinde zu entkommen und wird zur Strafe sediert. Auf seiner Flucht durch die Klinik trifft Siegfried auf die ruhig gestellte Brünnhilde. Er weckt sie und verliebt sich in sie. Brünnhilde plant den Fluch des Rings zu brechen und bewegt Siegfried ihn ihr als Liebespfand zu überlassen. Um die Ordnung in der Psychiatrie wiederherzustellen und die begonnene Lobotomie an Siegfried zu beenden, überzeugt Hagen Siegfried jedoch, den Ring von Brünnhilde zurückzuholen. Erst als es zu spät ist, Siegfried Brünnhilde getötet hat und Hagen die Lobotomie an ihm fortsetzt, durchschaut er Hagens Plan. Der Mythos wird für auserzählt und beendet erklärt. Im Epilog erscheint Brünnhilde allein in einer Welt ohne Götter.
- Jonas Grundner-Culemann als Mime, Sieglinde
- Jonathan Kempf als Hagen, Siegmund
- Corinna Kirchhoff als Wotan
- Peter Luppa als Walküre, Norne, Rheintochter
- Wolfgang Michael als Erda
- Peter Moltzen als Alberich, die deutsche Geschichte
- Stefanie Reinsperger als Brünnhilde
- Philine Schmölzer als Walküre, Norne, Rheintochter
- Anna Sophie Schindler als Walküre, Norne, Rheintochter
- Paul Zichner als Siegfried
- Ersan Mondtag Regie/Bühne
- Josa Marx Kostüme
- Max Andrzejewski Musik
- Clara Topic-Matutin Künstlerische Beratung
- Rainer Casper Licht
- Bahadir Hamdemir Video
- Moritz Ter-Nedden (Violine), Grégoire Simon (Violine), Friedemann Slenczka (Viola), Ragnar Jonsson (Violoncello), James Banner (Kontrabass), Laure Mourot (Flöte), Miguel Perez Inesta (Klarinette), Isaac Shaw (Horn), Maria Schneider (Vibraphon), Arne Braun (Gitarre), Jörg Hochapfel (Keyboards, Piano), Max Andrzejewski (Drumset) Orchester (Einspielung)