"Der Theatermacher" ist sicher bis jetzt meine herausforderndste Rolle. Nicht nur die Bernhardschen Textmassen sind eine Herausforderung zu bezwingen. Ich muss immer irgendwas an meinen Rollen, die ich spiele, mögen und das war bei Herrn Bruscon schon eine sehr große Herausforderung.
Womit ich mich aber verbinden kann, ist die unbedingte Liebe zur Kunst, zum Theater. Das haben wir auf jeden Fall gemeinsam. Theater spielen ist die große Liebe meines Lebens. Und dann hab ich da diesen wundervollen, herausfordernden, intelligenten, witzigen, politischen Text von Thomas Bernhard, der mir hilft mich zu entäußern.
Maßgeblich an der Findung der Rolle war auch Maske und Kostüm. Ich bin vor jeder Vorstellung eineinhalb Stunden in der Maske. Das Maskenbild hat Michaela Wunderlich entworfen. Das ist schon eine lange Zeit, die ich da sitze und wer mich kennt, weiß, dass ich nicht so gerne still halte. Aber inzwischen ist das eine wunderbare Routine geworden. Alle Kolleg:innen kommen vorbei, wir können Zeit vor der Vorstellung verbringen, wahrnehmen, wie es jedem heute geht, wie die Energie untereinander ist. Manchmal ist es ganz ruhig in der Maske; dann gibt es Tage, wo ganz viel gesprochen und vor allem unfassbar viel gelacht wird, vor allem mit Wolfgang Michael, der parallel zu mir in der Maske ist. Und Schicht für Schicht kommen Steffi und Bruscon zusammen. Das ist immer ein toller Moment. Dann geht’s in die Garderobe, 30 Minuten nochmal ganz für mich. Ich muss in den Körper, in die Gefühlswelt von ihm rein finden, noch in meiner Garderobe und dann kann ich ihn von da aus mit auf die Bühne nehmen.
Und wenn unsere wundervolle Live Band dann die Overture spielt, schlägt mein Herz jedes Mal so schnell, dass ich den Herzschlag ganz laut in meinen Ohren höre. Ich sehe die Skipiste vor mir und dann geht's nur mehr vorwärts!!
Die ersten Momente sind immer sehr aufregend aber spätestens ab dem ersten Blick, den mir Wolfgang Michael schenkt, geht die wilde Fahrt los. Und ich freu mich innerlich immer so sehr, wenn nach und nach Dana Herfurth, Adrian Grünewald und Christine Schönfeld auf die Bühne kommen.
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Eine große Theaterfamilie
Wir sind so eine wundervolle Theaterfamilie. Der Zusammenhalt dieses Ensemble ist alles für mich, weil, auch wenn „Der Theatermacher“ vielleicht den meisten Text hat, wäre er nichts ohne sein Gegenüber. Und das sind zum einen die Zuschauer:innen, aber das sind vor allem meine Mitspieler:innen. Am Anfang hatte ich Hemmungen, so böse, garstig und fies zu sein, aber je besser wir uns kennen, desto mehr vertrauen wir uns und ich kann mich fallen lassen und weiß, dass wir uns sobald der letzte Vorhang fällt in den Armen liegen.
Alle Beteiligten bei diesem Abend, Maske, Ankleider:innen, die wundervolle Technik, die uns immer wieder den Regen schenkt, das sehr einfühlsame Licht-Department, der wundervolle Afrim beim Ton, der so toll mit mir mit atmet und mich durch sein genaues Zuschauen und Steuern der Mikroports begleitet, die Requisite, alle hauchen mit mir zusammen diesem Abend das Leben ein. Ich fühle das, wie viel Konzentration ich hinter der Bühne geschenkt bekomme, alle wissen, wann es sehr leise sein muss, wann es ok ist laut in die Umbauten zu gehen und bei welchen Stellen die Luft angehalten werden muss, weil jedes kleinste Geräusch stören würde. Das berührt mich jedes Mal so sehr, das bedeutet mir die Welt, dass das Team das mit mir mitmacht.
Wir sind jetzt, so wie die Familie Bruscon, als Berliner Ensemble schon ein wenig auf Tour gegangen. Gastspiele mag ich vor allem deshalb sehr gerne, weil sich alle nochmal anders kennen lernen. Es ist so eine eigene Stimmung, wenn wir gemeinsam woanders hinfahren und neue Städte und vor allem neues Publikum erkunden. Es ist schon immer anders. Wir hatten ein unfassbar tolles Gastspiel in Recklinghausen, der Zuschauersaal hat getobt. Aber auch in Gütersloh war es ganz zauberhaft, vor allem weil wir da eine tolle Bar entdeckt haben, wo wir alle zusammen noch sehr, sehr lange den Abend ausklingen haben lassen. Ich hoffe, dass wir noch einige weitere solche Erfahrungen als Ensemble machen können und dem „Theatermacher“ seine kleine Tournee schenken, die er sich doch auch im Stück so sehnlichst wünscht. Schließlich gilt es ja, noch immer die beste Fritattensuppe zu finden!
Und ich improvisiere inzwischen schon immer auch ein kleines bisschen und passe die Improvisationen dann auch an die Städte an, in denen wir gerade sind. Das führt dann auch mal zu Lachattacken auf der Bühne bei meinen Mitspielenden, das ist das Schönste für mich.
"Schicht für Schicht kommen Steffi und Bruscon zusammen" Stefanie Reinsperger
"Der Beruf der Soufflage ist so viel mehr, als uns Text schenken."
Christine Schönfeld ist meine engste Vertraute und auch beste Freundin hier am Berliner Ensemble. Sie hat schon bei meinem ersten Stück am BE, Brechts "Der kaukasische Kreidekreis" souffliert und wir haben seitdem fast jedes Stück gemeinsam gearbeitet.
Beim "Theatermacher" war es so, dass wir vor jeder Probe, erst mal eine Stunde nur Text gemacht haben, nur sie und ich. Und es gab Momente, wo ich wirklich Angst hatte, ob ich das alles schaffe. Wir haben immer morgens vor allen anderen in der Garderobe geprobt, den Text akribisch wiederholt, auf jedes Detail geachtet. Mir ist das das sehr wichtig, ich möchte den Text immer ernst nehmen, verstehen, warum was wie da steht und ihn dann hinterfragen, herumwerfen und manchmal auch zertrümmern. Aber dazu muss ich vorher ganz eins werden mit ihm. Als Christine und ich zur letzten Seite kamen und ich sie endlich auch auswendig konnte, hatten wir beide Tränen in den Augen, das weiß ich noch.
Tatsächlich gehe ich vor jeder Vorstellung einmal mit Christine den ganzen Text durch. Das ist unser Ritual. Das mache ich noch bevor ich in die Maske gehe. Meistens sind wir im Aufricht-Zimmer am Berliner Ensemble. Da ist es wunderbar leise und ruhig. Und dieser Moment gehört nur uns und dem Text von Thomas Bernhard. Das ist wie unsere private kleine Voraufführung. Aber dann hab ich den Text schon einmal geschmeckt, erkundet, herumgeworfen. Dann kann ich beim Spielen jonglieren und Akrobatik mit ihm machen, dann kann ich frei sein.
Es bedeutet mir sehr viel, dass Christine Schönfeld bei diesem Abend auch auf der Bühne steht. Tatsächlich ist es so, dass, sobald sie auf der Bühne steht, die wundervolle Maya Sandschulte übernimmt und sobald Christine wieder abgeht, wechseln die beiden wieder. Es ist sehr wichtig, dass da immer jemand ist, das hat viel mit Energie, Vertrauen, Konzentration und Kraft geben zu tun. Der Beruf der Soufflage ist so viel mehr, als uns Text schenken. Es kann sein, dass ich mal eine Vorstellung habe, wo es mir unfassbar schlecht geht, ich bin ja kein Roboter, oder wo es sich sehr schwer anfühlt, an das Publikum ranzukommen. Aber dann weiß ich vorne, bzw. im Fall vom „Theatermacher“ an der Seite sehe ich diese eine Person, die mich stützt, begleitet, auffängt mit ihren Gedanken, ihrer Energie und das ist in meinem glücklichen Fall die wundervolle Christine und das schon seit so vielen Arbeiten.
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Der selbsternannte Staatsschauspieler Bruscon tourt durch die Provinz, um auch den letzten Winkel der Welt zu überzeugen: Theater ist alles, alles ist Theater. Doch überall scheint Kunstfeindlichkeit zu herrschen. Morsch die "Bretter, die die Welt bedeuten", untalentiert die Kinder, hysterisch und hypochondrisch die Frauen, zu schwül die Luft. Die Welt wehrt sich gegen die Kunst und Bruscons vermeintliches Meisterwerk. Thomas Bernhards Suche nach Bedeutung und Hoffnung in einer bedeutungs- und hoffnungslosen Welt ist eine Liebeserklärung an das Theater doch gleichzeitig auch ein Abgesang.
Regisseur und Intendant Oliver Reese hat mit Stefanie Reinsperger als Theatermacher Bernhards Gleichnis über die Kunst in einer kunstfeindlichen Welt auf die Bühne des Berliner Ensembles gebracht.
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