Theater spiegelt das Leben: die Komödie den Kampf mit den alltäglichen Umständen, die Farce das Gefangensein in denselben. Darin ähnelt Michael Frayns "Der nackte Wahnsinn" (1982) Thomas Bernhards "Theatermacher" (1984), den Regisseur und Intendant Oliver Reese 2022 auf die Bühne des Berliner Ensembles brachte. Beide handeln von Menschen, genauer: Theaterschaffenden, die sich mit all ihren Unzulänglichkeiten, Charakterschwächen und mit aller Gewalt versuchen, eine Welt gefügig zu machen, in der sie ihren Platz nicht mehr finden. Sie kämpfen gegen das "No Future" und die verwaltete Zukunftslosigkeit der 1980er Jahre an, die heute – nicht nur modisch – wieder angesagt sind. Bernhards bittere Komödie wie auch Frayns überdrehte Farce spiegeln darin unser aller Sehnsucht und unser aller Kampf gegen die Zumutungen des Lebens wider – weil wir
uns mehr mit den Requisiten abplagen, als die Umstände in Frage zu stellen. Das offenbart eine sublime Gewalt, die sich stets gegen sich selbst und die nächsten richtet, weil sie keine Mittel gegen das System findet. "Ich vermisse die Gewalt", sagt der alternde Einbrecher im Nackten Wahnsinn einmal, und offenbart eine Hilflosigkeit und einen Schmerz, der hinter dem Lachen über die völlig missglückte Generalprobe liegt. Aber vielleicht ist es gerade dieses Lachen, das uns zumindest für einen Moment vom Schmerz erlöst.
© Jörg Brüggemann