"Kunst und Kultur verteidigen heißt unsere Demokratie verteidigen!"

Am Aktionstag #BerlinIstKultur gegen die geplanten radikalen Kürzungen im Kulturbereich ging während der Vorstellung von "It's Britney, Bitch!" im Großen Haus plötzlich der Eiserne Vorhang herunter, als noch 10% des Abends übrig waren - so viel sollen Kultureinrichtungen bereits ab 2025 sparen. Schauspielerin Sina Martens hat noch einmal eindringlich betont, was die geplanten Kürzungen für die Kultur bedeuten und was für unsere Gesellschaft auf dem Spiel steht. Wir haben die Intervention für Sie dokumentiert.

16.10.24

© Mark Feigman

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Über einhundert Institutionen, Verbände, Gruppen und freie Kulturschaffende - neben den Berliner Theatern und Opernhäusern u.a. auch Museen, Bibliotheken, die Berliner Clubkommission oder der Landesmusikrat - haben in einer gemeinsamen Aktion unter dem Titel #BerlinIstKultur auf die drohenden Konsequenzen durch die geplanten radikalen Kürzungen des Berliner Senats aufmerksam gemacht. 

Dieser einmalige Zusammenschluss aller Berliner Kultureinrichtungen zeigt, wie groß die Bedrohung durch die aktuell vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich für alle Einrichtungen ist.

Wir wollten mit der Unterbrechung der Vorstellung auf diese Dringlichkeit hinweisen. Hier finden Sie die Rede von Sina Martens im Wortlaut:

Der Berliner Senat ist dabei zu beschließen, dass die kulturellen Institutionen Berlins 10% einsparen müssen — geltend ab 2025, geltend also ab sofort inmitten längst gemachter künstlerischer Verabredungen. Was nach wenig klingt, bedeutet in Wahrheit einen radikalen Einschnitt in die Berliner Kunst- und Kulturszene.

Es bedeutet harte Einschnitte für den Tanz und die Freie Szene, für Literatur und Bildende Kunst. Es bedeutet das Einkürzen des künstlerischen Etats der institutionell geförderten Theater wie dem Berliner Ensemble von bis zu 50% innerhalb weniger Monate, denn nur an unserem Künstlerischen Etat sind Kürzungen umsetzbar   —   das würde konkret nicht nur den Wegfall von Inszenierungen bedeuten, sondern auch letztlich unseren Ensemble- und Repertoiretheaterbetrieb bedrohen. Insolvenz ist keineswegs ausgeschlossen

Diese massiven Kürzungen wären eine Absage an unsere Zivilgesellschaft. Denn Kultur ist genau das: die viel beschworene Zivilgesellschaft, die demokratische Gesellschaften zusammenhält.

In Zeiten zunehmender Vereinzelung auch durch die Digitalisierung gehören kulturelle Orte zu den letzten, wo sich Menschen über ihren Arbeitsplatz hinaus noch begegnen und austauschen. Wo verschiedene Sichtweisen auf die Welt eine Bühne bekommen, ohne die jeweils andere ausradieren zu wollen.

Kunst und Kultur sind systemrelevant — zumindest, solange unser System Demokratie heißt. Kunst und Kultur sind systemrelevant - auch als Wirtschaftsfaktor in Berlin. Kunst und Kultur verteidigen, heißt unsere Demokratie verteidigen.

Denn, wer denkt in Zeiten der Spaltung und des Populismus, in Zeiten, in denen Parteien in die deutschen Parlamente einziehen, die nicht an Kultur, nicht an Vielfalt und an eine kooperative Zivilgesellschaft glauben  - ja, sie hingegen aktiv bekämpfen wollen - wer denkt, in diesen Zeiten könnten wir ohne Kulturinstitutionen auskommen, weiß nicht, was auf dem Spiel steht.

Kunst und Kultur sind Dialog, Reflektion und Auseinandersetzung und damit notwendiger Nährboden für unsere Demokratie.

Wir dürfen nicht daran sparen darüber nachzudenken, wer wir sind, wer wir waren und wer wir sein wollen.

Wir dürfen unsere Zivilgesellschaft nicht opfern für kopflose politische Kürzungen, die innerhalb kurzer Zeit die kulturelle Landschaft Berlins zerstört, um damit 0,25 % des Haushalts zu sparen. Der Kulturetat ist mit seinen 2,5% des Gesamtetats der Stadt Berlin schon bereits der kleinste Ausgabeposten. Wenn Sie selbst aktiv werden wollen, hilft schon eine kurze Mail an Ihre Abgeordneten, die bestimmt wiedergewählt werden wollen.

Wir dürfen nicht aufhören für unser Miteinander zu kämpfen und unsere Öffentlichkeit nicht denen überlassen, die keine Diskussionen wollen.

Stoppt den Demokratieabbau.
Stoppt den Abbau der Zivilgesellschaft.
Stoppt den Kulturabbau. Berlin ist Kultur.