Maeve Metelka, Jannik Mühlenweg und Joyce Sanhá sind seit Beginn der laufenden Spielzeit 2024/25 Teil des Berliner Ensembles. Nach den ersten drei Monaten fühlen sie sich bereits angekommen - höchste Zeit also, sie ein wenig kennenzulernen und uns ihre Lieblingsorte zeigen zu lassen.
Maeve Metelka
Du hast uns gleich zwei Orte gezeigt, was macht sie zu deinen Lieblingsplätzen?
Mein erster Ort ist die Verbindungsbrücke zwischen der Verwaltung und dem Neuen Haus. Ein Platz, wo ich einfach gerne die Zeit vor Vorstellungsbeginn verbringe, um Luft zu schnappen. Außerdem hat man hier einen guten Überblick über die Zuschauer:innen, die in das Neue Haus strömen und gleich in der Vorstellung sitzen werden. Auf der anderen Seite ist ein Kinderspielplatz. Das gibt mir ein wohliges Gefühl. Es ist einfach eine schöne Kreuzung - beidseitig wird gespielt.
Mein zweiter Ort ist die Kantine, genauer: Die Mitarbeiter:innentische, weil ich es schön finde, dass man nach einer Vorstellung auch mit dem Publikum interagieren und sich in der Kantine begegnen kann, aber nicht muss. An besagten Tischen hat man immer einen gesicherten Platz, das ist etwas ganz Schönes, vor allem bei einer vollen Kantine. Außerdem hat man von hier aus einen guten Blick auf das Fenster, durch das man beobachten kann, wer gerade kommt oder geht. Und natürlich auch auf die Theke, sodass man immer weiß, wann das letzte Bier ausgeschenkt wird.
Was ist dein bisher schönster Moment am BE?
Ich genieße es gerade, dass ich viele erste Male auf der Bühne und während der Proben erlebe. Außerdem hatte ich gerade meinen ersten Lachkrampf auf der Bühne während einer Vorstellung. Ich stand an der Rampe und durfte eigentlich überhaupt nicht lachen in einem todernsten Moment, aber meine Kolleg:innen haben es mir nicht leicht gemacht und ich war nicht allein damit.
Worauf freust du dich als nächstes?
Ich freue mich auf die Premiere von "Biedermann und die Brandstifter", ein Stück unter der Regie von Fritzi Wartenberg. Momentan haben wir totale "Denkproben"; man wird von diesem Stück wirklich auf die Probe gestellt. Vor allem weil wir nach nicht herkömmlichen Lesarten Ausschau halten. Ich kann mir vorstellen, dass es ein interessanter Abend wird, sowohl zum Spielen als auch zum Schauen und es ist schön, das schon vier Wochen vor der Premiere zu spüren. Es ist eine Produktion mit großartigen Kolleg:innen. Extrem herzliche Arbeitstiere - eine gute Mischung.
Welches Buch liegt gerade auf deinem Nachtschrank?
Auf meinem Nachtschrank liegt ein Buch zum Thema Fasten für Frauen, weil wir Frauen da scheinbar auf andere Dinge achten müssen. Und dann liegt da mein Tagebuch. Ich schreibe nicht jeden Tag hinein, aber manchmal habe ich das Bedürfnis, niederzuschreiben und zu kanalisieren, was mir unter Tags so passiert ist.
Jannik Mühlenweg
Wo sind wir hier?
Wir sind auf der Terrasse, also ein bisschen auf oder über dem BE. Ich mag diesen Ort, ich kann hier gut den Kopf frei bekommen zwischen Proben oder vor Vorstellungen. Es gibt manchmal Tage, an denen vormittags die Probe und abends die Vorstellung so nah beieinander liegen, dass ich nicht nach Hause fahre. Dann ist das hier ein Ort, an dem ich noch mal in den Text gucken oder telefonieren kann. Man sitzt hier so schön draußen neben den Probebühnen und schaut in Baumkronen.
Wie entspannst du dich nach einem langen Tag?
Ich habe verschiedene Routinen, die davon abhängig sind, ob ich gerade viel arbeite oder auch mal frei habe. Aber ich mache beispielsweise morgens gern Yoga – oder ich meditiere. Die Meditation mache ich nach meinem eigenen Gefühl und Rhythmus, ohne Anleitung von außen, weil man sonst wieder so abhängig von einem Medium ist. Ich habe das mal gelernt – mit 20 Jahren habe ich für zehn Tage eine Schweigemeditation gemacht, da hält man mal die Klappe und meditiert den ganzen Tag.
Was beschäftigt oder begeistert dich gerade?
Ich bin gerade sehr beschäftigt mit meiner aktuellen Produktion "Liliom". Beschäftigt und begeistert. Begeistert davon, sich zu trauen so randständige und abgründige Personen in ihrer ganzen Komplexität darzustellen, um sich dann wieder in ihnen zu erkennen. Das ist so erschreckend wie erhellend und eine unglaublich spannende Suche. Die Suche nach Zartheit und Liebe, unter einer dicken Schicht aus Wut, Rollenbildern, Unterdrückung und riesiger Unfähigkeit. Das interessiert mich sehr.
Welcher Ohrwurm begleitet dich?
Heute Morgen kam mir ein Lied in den Sinn, gar nicht als Ohrwurm, aber ich dachte wegen der aktuellen Proben für „Liliom“ daran. Es ist ein wunderschönes kleines Lied und ich glaube, es ist ein Volkslied.
Joyce Sanhá
Welchen Lieblingsort magst du uns zeigen?
Mein Lieblingsort ist die große Probebühnentoilette über der Kantine. Ich liebe Toiletten, also wortwörtlich das stille Örtchen. Weil im Hof immer viel los ist, ich sehr neugierig bin und gern mit allen quatsche, brauche ich manchmal fünf Minuten Ruhe. Dann gehe ich meine Hände waschen oder verbringe einfach nur kurz meine Zeit dort, sortiere meine Taschen und atme dort. Ich mag es hier, weil es wie ein geheimer Platz ist: Ich bin immer alleine, niemand ist gleichzeitig mit mir hier und deswegen ist es mein Ort der Ruhe.
Wie findest du im Alltag Ruhe?
Ich höre sehr viele Podcasts und sehr viel Musik. Dabei gehe ich entweder spazieren oder ich setze mir Kopfhörer auf und mich dann in eine Ecke, von wo ich alles im Blick hab und trinke einen Tee und rauche eine Zigarette.
Wie bist du am BE angekommen?
Ich bin voller Eindrücke und bin jetzt gerade in zwei sehr unterschiedlichen Produktionen. Einmal in "Der nackte Wahnsinn" und jetzt in "Liliom"- also darf ich jetzt beide Bühnen bespielen! Außerdem war ich freudig überrascht, wie herzlich ich von allen Gewerken aufgenommen worden bin. Ich habe mir vorher viele Szenarien ausgedacht, wie es sein wird, wenn sich alle seit zig Berufsjahren kennen und ich ganz neu bin – aber es war ganz herzlich und schön! Ich bin aber auch darüber gestolpert, wie sehr mich alles an meine Zeit an der Schauspieluni erinnert hat – aber auf einem viel, viel höheren Niveau. Das lässt sich zwar schwierig vergleichen, aber es stachelt mich auch an. Es macht Spaß, die Kolleg:innen oder Regisseur:innen kennenzulernen und herauszufinden, wie sie sprechen, sich vorbereiten und arbeiten. Damit in den Beruf einzusteigen, ist schon toll.
Woraus ziehst du Inspiration?
Für mich funktioniert das ganz stark über Imagination – also ich finde für viele Dinge bildliche Übersetzungen. Wenn ich ein Bild sehe, sei es eine Fotografie oder beispielsweise einfach am Bahnhof eine knallige Farbe, dann verbinde ich diese Dinge in meinem Kopf miteinander – ganz wie eine Tagträumerei. Musik ist aber auch wichtig für mich: Für meine Rollen stelle ich mir immer Playlists zusammen, die ich für die Figur, die ich gerade spiele, personalisiere und die die Stimmung des Stücks gut wiedergibt. Außerdem finde ich auch viel Inspiration darin, wie meine Kolleg:innen mit ihrem Text umgehen. Da berührt mich vielleicht etwas oder ich verstehe etwas oder ich würde es ganz anders machen. Meine Umgebung ist also ganz wichtig, seien es Menschen, Bilder oder mein Zuhause, in das ich mich flüchten kann – um mich bei Langerweile wieder unter die Leute zu mischen.