Malina

von Ingeborg Bachmann
In einer Bühnenfassung von Fritzi Wartenberg
Bertolt-Brecht-Platz 1
10117 Berlin
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"Malina" beginnt scheinbar als Liebesbeziehung: Eine Frau zwischen zwei Männern. Zurecht findet sie sich jedoch mit beiden nicht und schnell wird klar, dass hinter den gestörten Telefonaten, mythischen Erzählungen, den nächtlichen Schachpartien und verzweifelten Monologen mehr als nur ein romantisches Chaos steckt. Vielmehr entblättert sich das Leben einer Frau, die davon träumt, die Grenzen der Sprache und die Gewalt der Vergangenheit zu überwinden, aber immer wieder auf ein Gefühl des Fremd-Seins in der Welt zurückfällt: fremd mit ihrem Verlangen dazuzugehören, fremd mit ihrem Bedürfnis nach Autonomie. Poetisch und sprachgewaltig untersucht Bachmann, was es bedeutet, wenn die eigenen Hoffnungen nicht mit den gesellschaftlichen Erwartungen zusammengehen. Wie fühlt es sich an, lieben zu wollen und „Ich“ zu sagen in einer Welt, die kein „Wir“ kennt?

Fritzi Wartenberg, WORX-Regisseurin des ersten Jahrgangs, geht mit ihrem Team der Frage nach, „warum das Ich krank ist, warum die Gesellschaft krank ist, und dadurch das Individuum wieder krank macht.“ (Bachmann). Nach "The Writer" und "Alias Anastasius" ist "Malina" ihre dritte Arbeit am Berliner Ensemble.

Was bleibt von einem Leben? „Sie war ein glückliches Kind“, „er ein jähzorniger Typ“, „eine gute Schachspielerin“, „ein verlässlicher Freund“. Erinnerungen von Fremden, Freund:innen und Geliebten, Gerüchte, Briefe, ein paar Fotos vielleicht. Vor allem aber: Festschreibungen; Erklärungen wie jemand gewesen sei, was jemanden ausgemacht habe. Das Bild einer Person, das Bild, das Andere von mir haben, ist ein Abgrund der Zuschreibungen und Erwartungen. Nur schwer ließe sich die Frage jedoch unabhängig davon stellen: Wer bin ich? Kann man diese Frage überhaupt beantworten? Wir kommen nicht umhin, es zu versuchen. „Die Hölle, das sind die anderen“, formulierte es Sartre prägnant. Die Erstarrung des Ich im Feuer des Blickes der Anderen ist uneinholbar.

Von diesem Feuer schreibt Ingeborg Bachmann, in ihrer Prosa, den Gedichten und Briefen: Der Blick der Anderen, die Gesellschaft sei ein „Mordschauplatz“. Das Ich verbrennt lichterloh im Angesicht des Wir. Die Mörder: Die Anderen – und Ich. Ich und die Anderen. Bachmann schrieb 1959 in einem Brief an Max Frisch: „Es war immer Positionslosigkeit da, immer, und ich bin immer daran gescheitert. Ich war immer ausserhalb, uneingeordnet, ich habe in der Liebe und durch die Liebe immer den Boden verloren und daher nie einen gehabt.“ Besser kann man das Leid der namenlosen Ich-Erzählerin in "Malina", Bachmanns einzigem Roman, nicht zusammenfassen, als in diesem Versuch, sich selbst zu positionieren in einem Wir und gegen ein Wir, das so vehement einfordert man selbst zu sein, gleichzeitig aber nicht die geringste Abweichung verzeiht.

"Malina" ist Roman und dennoch „ausdrücklich eine Autobiographie, aber nicht im herkömmlichen Sinn. Eine geistige, imaginäre Autobiographie. Diese monologische oder Nachtexistenz hat nichts mit der gewöhnlichen Autobiographie zu tun, mit der ein Lebenslauf und Geschichten von irgendwelchen Leuten erzählt werden.“ (Bachmann). Die Identitätskrise und das Misstrauen gegenüber Zuschreibungen verband sie auch mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Max Frisch. Das ständige Sich-neu-erfinden, Sichsuchen war ein Leitmotiv für beide. 

Doch die Leichtigkeit, die einem Frisch vergönnt war, der Krise als „produktiven Zustand“ verstanden haben wollte, dem man „den Beigeschmack der Katastrophe nehmen müsse“, war Bachmann nicht gegeben. Denn da ist ein Spalt. Wo Frisch stets an der Zufälligkeit der eigenen Identität leidend, dennoch die Fluidität genießen konnte, wurde Bachmann als Frau wie als Schriftstellerin stets in Frage gestellt – der Krise der Festschreibung konnte sie nie die Katastrophe nehmen.

"Malina" erschien 1971, zwei Jahre vor ihrem Tod. Durch einen Brand, den sie beim Einschlafen mit einer brennenden Zigarette ausgelöst hatte, erlitt sie schwere Verletzungen und erlag diesen schließlich. 

Es blieb immer: das Bild. Die letzten Dinge ordneten immer die Anderen.

von Johannes Nölting

Digitales Magazin

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Pressestimmen

"Es berührt ungemein, ich habe lange nicht mehr mit solcher Spannung, solch klopfendem Herzen im Theater gesessen."Deutschlandfunk Kultur

"Fritzi Wartenberg bringt Ingeborg Bachmanns Roman 'Malina' am Berliner Ensemble als psychologische Implosion auf die Bühne – mit drei grandiosen Schauspielerinnen."Der Freitag

"Ihr [Fritzi Wartenberg] gelingt die Umsetzung des 1971 erschienenen Romans, der mit verwirrenden Fiktionen arbeitet, um von der Auslöschung und Selbstauslöschung einer Frau zu erzählen, in eine verständliche Geschichte, von leiser Ironie und Verzweiflung grundiert, doch ohne schrille Töne."taz

"Alle drei Schauspielerinnen glänzen in ihrer Fähigkeit, mit der Sprache umzugehen. Es ist ein Genuss zu verfolgen, zu hören, zu spüren, wie sie sich den Bachmannschen Sätzen nähern, sich die Worte zu eigen machen und uns nahe bringen."Kulturvolk

"Ein riesige Pluspunkt dieses Abends ist die außerordentliche Sprechkultur dieser drei Schauspielerinnen. […] Allein Ihnen zuzuhören, dem Klang dieser Stimmen, ist ein Hochgenuss."Deutschlandfunk Kultur

"Wie die Übersetzung des Schreibprozesses in Handlungen, des Körperlosen in Körper, des unaussprechlichen Horrors in ausgesprochenen Horror gelingen kann, zeigt, zum Beispiel, die geschickte Wahl, die drei Schauspielerinnen alle das weibliche 'Ich' des Romans spielen zu lassen und zugleich eine andere männliche Rolle. So wird möglich, was paradox klingt: Dass ein Gespräch passiert und gleichzeitig nicht passiert."Neues Deutschland

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