Die Welt fällt auseinander und nicht erst seit den Lockdowns wird deutlich, wie immer mehr zwischenmenschliche Verbindungen abreißen, Menschen und Lebensentwürfe auseinanderdriften, die Macht der einfachen Antworten wächst. Am Vorabend einer Routineoperation ruft eine Mutter ihre vier erwachsenen Töchter zusammen. Verstreut über ganz Europa führen sie Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und dann war da noch die Pandemie, die tiefere Spuren hinterlassen hat, als man wahrhaben will.
Tena Štivičić hat für das Berliner Ensemble ein Stück geschrieben, das den Rissen in der Gesellschaft am Beispiel einer Familie nachspürt. Die Erschütterung des Gewohnten, Erfahrungen von Isolation einerseits und digitaler Vernetzung andererseits haben die Beziehungen zwischen den Schwestern ebenso verändert wie ihre Vorstellungen über zukünftiges Leben und Sterben. Dabei hat bei Štivičić der Versuch, die so schmerzlich vermisste Verbundenheit herzustellen und sich gleichzeitig radikal selbst zu behaupten, trotz aller Konflikte durchaus auch seine komischen Seiten.
Am Vorabend einer Routineoperation möchte die über siebzigjährige Barbara mit ihren vier Töchtern etwas Wichtiges besprechen. Verstreut über ganz Europa führen sie Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten – im Hinblick auf ihre Jobs, ihre Beziehungen und politischen Einstellungen. Und dann war da noch die Pandemie, die tiefere Spuren hinterlassen hat, als man wahrhaben will. Alle Schwestern – bis auf eine, scheinbar – stecken in den unterschiedlichsten Krisen fest, die sie ebenso klug wie wortreich beschreiben, aber nicht lösen können.
Die im ehemaligen Jugoslawien geborene Autorin Tena Štivičić hat für das Berliner Ensemble ein Stück geschrieben, das den Rissen in der Gesellschaft am Beispiel einer Familie nachspürt. Die Erschütterung des Gewohnten während der Pandemie, Erfahrungen von Isolation einerseits und digitaler Vernetzung andererseits haben die Beziehungen zwischen den Schwestern untereinander und ihrer Mutter ebenso verändert wie ihre Vorstellungen über zukünftiges Leben und Sterben. Die Pandemie, so Štivičić, hat das Auseinanderdriften der Gesellschaft in weiten Teilen der Welt nochbeschleunigt. Ein großer Teil rückt offensichtlich nach rechts. Wieso hat sich das Tabu, mit dem rechte Parteien einst belegt waren, so schnell an so vielen Orten gleichzeitig aufgelöst? Was passiert hier unter der Oberfläche?
Der Umgang mit wachsender sozialer Ungleichheit, Informationsüberflutung, psychischen Überlastungen, globalen Kulturkämpfen darum, welche und vor allem wessen Themen wertvoll seien, lässt – laut Untersuchungen des Ökonomen Thomas Piketty – seit den frühen 80er-Jahren eine neue politische Bruchlinie sichtbar werden: zwischen denen, die von der Akademisierung der Arbeitswelt profitiert haben, den sogenannten Eliten, und denen, die sich in Distanz dazu befinden. Dabei sei das Ausmaß der Frustration in der Mitte der Gesellschaft am größten bei denen, die zwar nicht schlecht lebten, aber ahnen, dass es anderswo besser sein könnte. Als Brandbeschleuniger werden nicht alleine, aber doch entscheidend die Sozialen Medien mitverantwortlich gemacht, die den Kreis derer, mit denen man sich vergleichen kann, ausweiten und allerlei Inhalte weitflächig verbreiten. Feindbilder werden ausgemacht, Bündnisse und Bindungen aufgelöst, Hierarchien organisiert, um irgendwohin zurückzukehren, wo vermeintlich die Welt noch "in Ordnung" war – auch wenn es diesen Ort nie gegeben hat.
Von Sibylle Baschung
- Josefin Platt als Barbara
- Constanze Becker als Sofia
- Kathrin Wehlisch als Sasha
- Bettina Hoppe als Suzana
- Pauline Knof als Sabina
- Laura Linnenbaum Regie
- Daniel Roskamp Bühne
- Michaela Kratzer Kostüme
- David Rimsky-Korsakow Musik
- Steffen Heinke Licht
- Sibylle Baschung Dramaturgie