Der nackte Wahnsinn

Von Michael Frayn
Aus dem Englischen von Ursula Lyn
Bertolt-Brecht-Platz 1
10117 Berlin
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Es ist der Abend vor der Premiere. Die Generalprobe des "Nackten Wahnsinns" ist in vollem Gange und das Ensemble macht dem Titel alle Ehre: Nichts funktioniert, der Text sitzt noch nicht und die Sardinenteller stehen immer dort, wo sie gerade nicht hingehören; der Regisseur ist am Rande des Nervenzusammenbruchs, die Produktionsleiterin hat seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Und ständig muss man sich auch fragen: Will und kann man das so noch spielen? Immerhin stammt das Stück aus den 80ern!

Frayn bringt in seiner Komödie die gängige Theaterformel "Menschen mit Nöten treffen aufeinander" auf den Höhepunkt. Das Ringen um Ordnung, die Notwendigkeiten des Weitermachens und der Routine; das In-der-Rolle-bleiben solange es geht – im Theater wie im Leben: "Morgen ist Premiere, wir hatten nur vierzehn Tage zum Probieren, wir wissen überhaupt nicht, wo’s langgeht, aber mein Gott, seien wir ehrlich, wer weiß das schon."

Oliver Reese ist seit 2017 Intendant des Berliner Ensembles und inszeniert auch selbst. Zuletzt u.a. die deutschsprachige Erstaufführung von Marius von Mayenburgs "Ellen Babić", den Brecht-Liederabend "Fremder als der Mond" sowie Thomas Bernhards "Der Theatermacher".

„Ich vermisse die Gewalt.“

Theater spiegelt das Leben: die Komödie den Kampf mit den alltäglichen Umständen, die Farce das Gefangensein in denselben. Darin ähnelt Michael Frayns "Der nackte Wahnsinn" (1982) Thomas Bernhards "Theatermacher" (1984), den Regisseur und Intendant Oliver Reese 2022 auf die Bühne des Berliner Ensembles brachte. Beide handeln von Menschen, genauer: Theaterschaffenden, die sich mit all ihren Unzulänglichkeiten, Charakterschwächen und mit aller Gewalt versuchen, eine Welt gefügig zu machen, in der sie ihren Platz nicht mehr finden. Sie kämpfen gegen das "No Future" und die verwaltete Zukunftslosigkeit der 1980er Jahre an, die heute – nicht nur modisch – wieder angesagt sind.
Bernhards bittere Komödie wie auch Frayns überdrehte Farce spiegeln darin unser aller Sehnsucht und unser aller Kampf gegen die Zumutungen des Lebens wider – weil wir uns mehr mit den Requisiten abplagen, als die Umstände in Frage zu stellen. Das offenbart eine sublime Gewalt, die sich stets gegen sich selbst und die nächsten richtet, weil sie keine Mittel gegen das System findet. "Ich vermisse die Gewalt", sagt der alternde Einbrecher im "Nackten Wahnsinn" einmal, und offenbart eine Hilflosigkeit und einen Schmerz, der hinter dem Lachen über die völlig missglückte Generalprobe liegt. Aber vielleicht ist es gerade dieses Lachen, das uns zumindest für einen Moment vom Schmerz erlöst.

Von Johannes Nölting

Trailer

Pressestimmen

"Ein von seinem Setting, Timing und sich reinschmeißenden Ensemble getragener, exzellenter Komödienabend."Berliner Morgenpost

"Krachender Slapstick und kluge Selbstbespiegelung: Oliver Reese lässt Michael Frayns Theaterfarce in den 1980ern spielen - und gewinnt."Tagesspiegel

"Warum jetzt, hier, heute, im Berliner Ensemble der Boulevard-Kracher 'Der nackte Wahnsinn'? Ganz einfach: um des schieren Vergnügens willen, gute Schauspieler dabei zu beobachten, wie sie Knallchargen spielen."Nachtkritik.de

"Der zweite Teil spielt hinter den Kulissen, die Tournee läuft schon ein paar Wochen, alle sind müde, Beziehungen haben sich entwickelt und sind zerbrochen, Eifersucht und Eitelkeit erreichen neue Spitzenwerte. (...) Das alles als stummer Slapstick inszeniert ist sehr witzig."taz

"Dass die Frayn-Komödie über die Aufführung der Sardinen-Komödie mit all den ausgestellten Slapstickeriaden und Plattheiten darin mittlerweile ein Klassiker auf internationalen Bühnen ist, verdankt sich natürlich der durchaus raffinierten Doppelbelichtung, mit der das immer gleiche Stück der Provinztruppe einmal von der Vorder- und einmal von der Rückseite der Bühne aus beobachtet wird."Berliner Zeitung

"Der zweite Akt – der das bereits Federn lassende Tourneestück backstage zeigt – ist mit viel pantomimischem Witz, Tempo und Timing inszeniert. Und der dritte Akt, die Dernière, ist ein echtes Untergangsfest."Tagesspiegel

"Ein Sahnebonbon für das tolle Ensemble, um seine komischen Qualitäten auszuspielen."Frankfurter Allgemeine Zeitung

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