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"Macbeth" gehört zu den berühmtesten Dramen des William Shakespeares. Heiner Müllers Übersetzung ist viel mehr als nur eine Überarbeitung. Sie ist ein originäres Drama über die Dialektik der Macht.
Nach der Flut grausamer Diktatoren, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, rückt neben Hamlet auch Macbeth in die Reihe der archetypischen Figuren. Sein Machtwille wird so lange angestachelt, bis er eine Position erreicht hat, die er nicht mehr ausfüllen kann. Seine Angst bekämpft er mit immer größerer Gewalt und seine Herrschaft kann er nur noch in sadistischen Befehlen genießen. Die politische Lage in "Macbeth" gleicht einer trüben Sumpflandschaft, in der jede Handlung erstirbt.
Bei der Uraufführung 1972 in der DDR musste sich Heiner Müller den Vorwurf des Nihilismus gefallen lassen. Heute muss man feststellen, dass es sich um das realistische Bild einer Welt handelt, in der die Mächtigen ihr wichtigstes Ziel darin sehen, ihre Macht zu erhalten. Shakespeares Fabel zeigt in Heiner Müllers Fassung, wie Geschichte zum utopielosen Raum wird, wenn die Zukunft schon im Moment des Handelns abstirbt. Eine Gesellschaft, die nur noch ihren Status Quo bewahren will, erstarrt in Angst vor sich selbst und gebiert Grausamkeit statt Hoffnung.
Michael Thalheimer setzt mit dieser Inszenierung seine Beschäftigung mit Shakespeare und Heiner Müller fort.
Wir empfehlen den Besuch dieser Inszenierung ab 15 Jahren.
We regularly present performances of "Macbeth" with English surtitles. You can find the dates here. Our box office staff will be happy to tell you from which seats you will have a good sight-line to the surtitles. For the best view of both stage and surtitles, we recommend seats in the stalls (Parkett) from row 11, or in the balconies (1. Rang, 2. Rang). Seats in the side boxes have a partially obstructed view.
Im März 1972 wurde im Theater Brandenburg Müllers Bearbeitung von Shakespeares Tragödie Macbeth uraufgeführt. Nach eigenem Bekunden wollte Müller „Zeile für Zeile“ dieses Stück, das ihm unter Shakespeares Dramen besonders wenig gefiel, übersetzend ändern. In deutlicher Wendung gegen die tradierte Rezeption, die an der Vorlage die Züge des Seelendramas noch verstärkt hatte oder göttliches Fatum walten sah, drängt er die Psychologie der Gewissensqualen rigoros an den Rand und erzählt in äußerster Verknappung die Story eines brutalen und blutigen feudalen Machtkampfs. Während bei Shakespeare Macbeth’ Herrschaft eingerahmt wird von den positiven Herrscherfiguren Duncan und Malcolm, läßt Müller sämtliche Akteure roh, mörderisch, machtgierig, zynisch und opportunistisch erscheinen. Die Zeit der Macbeth-Herrschaft bleibt eine bloße Etappe im Räderwerk des blutigen Geschichtslaufs. Ob diese Szenerie aus Macht, Mord, Krieg und neuer Macht den Namen Geschichte zu Recht trägt, ist fraglich. Shakespeare ist der Dramatiker des epochalen Umbruchs zwischen feudal-mittelalterlicher und bürgerlich-kapitalistischer Welt, doch in Müllers Bearbeitung erblickt man auf der Bühne ein zeitloses Gemetzel um Macht und Überleben, ohne Erinnerung an eine gute Vergangenheit oder einen Hoffnungsschimmer von der Zukunft her: „Mein Tod wird euch die Welt nicht besser machen“ sind Macbeth’ letzte Worte. „Die Welt hat keinen Ausweg als zum Schinder.“ Müller zeigt eine Geschichte im Stillstand.
Den Dramatiker und politischen Denker Müller interessiert nun in der Tragödie des Tyrannen die subjektive und die objektive Gestalt der Staatsmacht, wenn sie kein anderes Ziel mehr zu verfolgen vermag, als die bloße Erhaltung ihrer selbst. Nicht um einen vagen Pessimismus als Weltanschauung geht es, sondern um das Verständnis eines Zustands, in dem Politik objektiv die Form brutaler persönlicher und fraktioneller Machtkämpfe annimmt. In die düstere politische Szene trägt die Macbeth-Bearbeitung eine Analyse der subjektiven Seite absoluter Machtausübung – durch eine spezifische Gestaltung des Macbeth, die, obwohl dem alten Text treu, ganz Müllers Werk ist. • Hans-Thies Lehmann
- Sascha Nathan als Macbeth
- Constanze Becker als Lady Macbeth
- Tilo Nest als Banquo
- Kathrin Wehlisch als Malcolm, Pförtner, Hexe
- Ingo Hülsmann als Duncan, Macduff, Hexe
- Niklas Kohrt als Hexe, Mörder
- Michael Thalheimer Regie
- Olaf Altmann Bühne
- Nehle Balkhausen Kostüme
- Bert Wrede Musik
- Bernd Stegemann Dramaturgie
- Ulrich Eh Licht