Mann ist Mann

Von Bertolt Brecht
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Warum bin ich, wer ich bin? Weil ich mich frei entschieden habe so zu sein oder weil die Gesellschaft mich zu dem gemacht hat? "Einer ist Keiner" befindet Bertolt Brecht in seinem Lustspiel "Mann ist Mann": Wer wir sind, hängt von den Beziehungen zu unseren Mitmenschen ab und von der Welt, in der wir leben – oder doch von unseren freien Entscheidungen? Brechts Stück aus den 1920er Jahren zeigt die Verwandlung des Packers Galy Gay: ein einfacher Typ, der an eine Gruppe Soldaten gerät, die ihn gut gebrauchen können. Galy Gay wird von ihnen "wie ein Auto ummontiert" – und lässt sich gerne ummontieren. Mit Schauspielstudierenden inszeniert Max Lindemann Brechts Stück über die Manipulierbarkeit der eigenen Identität.

In Brechts Lustspiel, 1926 uraufgeführt, gerät der Arbeiter Galy Gay an eine Gruppe Soldaten, die bei einem Einbruch einen Kameraden verlorenen haben. Nun benötigen sie dringend einen Ersatz, bevor sie bei Sergeant Fairchild in Ungnade fallen. Eigentlich wollte Galy Gay auf dem Markt nur kurz einen Fisch kaufen, doch er hat ein Problem: Er kann nicht nein sagen. Und so schwimmt ihm sein ursprünglicher Plan wie ein Fisch davon: GalyGay wird von den soldatischen "Gefühlsingenieuren" (Brecht) wie am Fließband in den Soldaten Jeraiah Jip verwandelt. Er wird manipuliert – und lässt sich gerne manipulieren. Dabei hilft auch Witwe Begbick, die die kriegsbereiten Soldaten aus ihrem fahrbaren Bierwagon mit "Treibstoff" versorgt – und daraus ihren Profit schlägt. 

Die Austauschbarkeit und der Verlust von Individualität in einem Kollektiv interessierte Brecht, als er das Stück schrieb und mehrfach umschrieb: Von keinem seiner Stücke existieren wohl mehr Versionen. Brecht hielt unter kapitalistischen Verhältnissen nicht nur die menschliche Individualität, sondern auch den Ort der Handlung – eigentlich das britisch-kolonialbesetzte Indien – für austauschbar: "einfach ein fremdes Land". Vielleicht stimmt das – aber nur, insofern Kolonialismus und Kriege immer wieder im historisch neuen Gewand auftreten und in jeder Zeit neu verstanden werden müssen. Aufgrund der unzähligen Identitätsangebote fällt das womöglich umso schwerer in einer Gegenwart, in der kein gemeinsamer Blick mehr auf die Welt entsteht. 

von Lukas Nowak

  • Nele Trebs als Galy Gay, Arbeiter
  • Dominikus Weileder als Galy Gays Frau / Jeraiah Jip, Soldat
  • Joana Damberg als Uria Shelley, Soldat
  • Philipp Jacob als Jesse Mahoney, Soldat
  • Till Raskopf als Polly Baker, Soldat
  • Maurice Läbe als Charles Fairchild, Sergeant
  • Nele Rößler als Witwe Begbick, Kantinenbesitzerin
  • Max Lindemann Regie
  • Michel Wagenschütz Bühne/Kostüm
  • Sonja Deffner Musik
  • Benjamin Schwigon Licht
  • Lukas Nowak Dramaturgie

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Pressestimmen

"Die Stärke dieses Abends liegt darin, dass Regisseur Max Lindemann darauf verzichtet – im berechtigten Vertrauen darauf, dass sein Publikum die Assoziationen zur Gegenwart schon selbst herstellen kann. Text- und Werktreue muss eben nicht zwangsläufig Musealisierung bedeuten."Berliner Morgenpost

"Aber dann gibt es trotzdem noch den einen, magischen, Moment, den der Witwe Begbick (Nele Rößler) vorbehalten ist. Als feministisch-woke Wonderwoman feuerte sie zuvor schon mal mit ihren eisernen Brüsten wahllos ins Publikum und wusste auch sonst ihre weiblichen Waffen zu nutzen. Nun aber steht sie ganz ruhig da und warnt nur mit den Versen Brechts: 'Sie werden den Boden, auf dem Sie stehen/ Wie Schnee unter Ihren Füßen vergehen sehen/ Und werden schon merken bei dem Packer Galy Gay/ Dass das Leben auf Erden gefährlich sei.'"Berliner Zeitung

"In diesen letzten konzentrierten Szenen streift der Abend dann doch noch seinen Kern: Die Frage was Identität ausmacht. Hier ist Nele Trebs stark."rbbKultur

"Lindemann hat die Inszenierung in Zusammenarbeit mit Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch erarbeitet – die sich hier oft hemmungslos in den Klamauk stürzen."Berliner Morgenpost

In Kooperation mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch

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