Chronik der Ereignisse
Eine Auswahl
1905 - 1911
Konstitutionelle Revolution
Erstmals eine Verfassung samt Parlament: Die Konstitutionelle Monarchie wird eingeführt.
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1941
Schah Mohammad Reza Pahlavi kommt an die Macht
Nach der Abdankung seines Vaters Reza Schah Pahlavi im Zuge der anglo-sowjetischen Invasion des Iran bestieg er den Thron. Mit Unterstützung der Vereinigten Staaten errichtete Pahlavi in der Folge ein autoritäres Regime und ließ die Opposition durch den Geheimdienst SAVAK unterdrücken.
1959
Beginn des iranischen Atomprogramms
Die Energieversorgung des Landes soll durch Kernenergie ergänzt werden. Seither steht der Iran unter dem Verdacht, auch eigene Atomwaffen zu entwickeln.
1979
Islamische Revolution
Absetzung des Schahs durch Massenproteste. Der Schah verlässt das Land und Ayatollah Khomeini kehrt aus dem Exil zurück. Einführung der Islamischen Republik als Staatskonzept von Regentschaft der Geistlichkeit. Ajatollah Ruhollah Khomeini wird Revolutionsführer und Staatsoberhaupt.
4.11.1979 - 20.2.1981
Geiselnahme von Teheran
52 amerikanische Diplomat:innen werden bei der Besetzung der US-Botschaft in Teheran als Geiseln genommen. Die Auslieferung des Schahs wird gefordert, während die USA erste Sanktionen verhängt.
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22.9.1980 – 20.8.1988
Erster Golfkrieg
Der Krieg zwischen Iran und Irak endete nach hohen Verlusten auf beiden Seiten ohne Sieger.
29.7.1988
Massenhinrichtung politischer Gefangener
Über einen Zeitraum von 5 Monaten werden bis zu 2.700 politische Gefangene hingerichtet. Andere Schätzungen gehen von 10.000 Toten aus, davon hauptsächlich Mitglieder der Opposition.
1989
Ali Chamenei (siehe Foto) wird Revolutionsführer
Ali Chamenei gehörte anfangs nicht zur Führungsriege. Chomeini wurde auf den „brillanten Redner mit durchdringender Stimme“ aufmerksam und ernannte ihn Anfang 1980 zum Freitagsvorbeter in Teheran.
Am 2. Oktober 1981 wurde er zum Staatspräsidenten gewählt. Seine Wahl stellte keine Überraschung dar, nachdem sich Chomeini auf ihn festgelegt hatte. Am 4. Juni 1989, einen Tag nach dem Tode Chomeinis, wählte der Expertenrat Chamenei zum neuen „Revolutionsführer“.
1990er Jahre
"Kettenmorde"
Serie von Morden und Verschwindenlassen hauptsächlich oppositioneller Intellektueller. Annahme: Befehlsgeber aus den höchsten Rängen der iranischen Staatsführung.
© Khamenei.ir, CC BY 4.0
7. - 13.7.1999
Studentenbewegung
Auslöser für die Studentenbewegung ist die Schließung der reformistischen Zeitung "Salam". Sicherheitskräfte dringen in Studentenwohnheime ein, woraufhin sich die Proteste auf der Straße auf mehrere Städte ausbreiten. Die Proteste werden gewaltvoll niedergeschlagen und enden mit großer Gegendemonstration von Chomeini-Anhängern.
12.1.2009 – Anfang 2010
Grüne Revolution
Nach der iranischen Präsidentschaftswahl 2009 und der Wiederwahl von Mahmud Ahmadineschād wird das Wahlergenis von vielen Iraner:innen als Betrug empfunden. Es folgen die größten Proteste seit 1979. Mir Hossein Mousavi und Mehdi Karroubi, beides Gegenkandidaten von Ahmadineschād, gelten als Anführer der Proteste. Hunderte Menschen werden festgenommen, es gibt mehrere Tote.
© Hamed Saber, CC BY 2.0
8.1.2020
Abschuss des Ukraine-International-Airlines Flug 752
Der internationale Flug von Teheran nach Kiew wird von iranischen Flugabwehrraketen abgeschossen: Es gibt keine Überlebenden. Protestant:innen in mehreren Städten fordern Rücktritt der Verantwortlichen.
seit 18.9.2022
Zan zendegi azadi (Woman, Life, Freedom)
Nach dem Tod von Jina Mahsa Amini dauern landesweite Proteste an. Die Parole aus der Arbeiterpartei Kurdistans (Jin, Jiyan, Azadî) wird zusammen mit "Mann, Heimat, Wohlstand" verwendet. Seither bringt die Protestbewegung feministisches Bewusstsein zum Ausdruck.
© Moritz Haase
Menschen und Instiutionen
Revolutionsführer
höchstes Staatsamt in der Islamischen Republik Iran, auf Lebenszeit gewählt
1979 - 1989: Ajatollah Ruhollah Chomeini
Ajatollah Ruhollah Chomeini war ein iranischer Ajatollah, politischer und religiöser Führer der Islamischen Revolution von 1979 und danach bis zu seinem Tod iranisches Staatsoberhaupt.
Mit der Revolution stürzte er aus dem französischen Exil heraus die Regierung von Schah Mohammad Reza Pahlavi. Chomeini, der am 1. Februar 1979 aus Frankreich zurückgekehrt war, gilt als der Gründer der Islamischen Republik Iran.
seit 1989: Ali Chamenei
Am 2. Oktober 1981 wurde er zum Staatspräsidenten ernannt. Am 4. Juni 1989, einen Tag nach dem Tode Chomeinis, wählte der Expertenrat Chamenei überraschend zum neuen „Revolutionsführer“. Seine Wahl stellte keine Überraschung dar, nachdem sich Chomeini auf ihn festgelegt hatte.
Staatspräsident
Regierungschef des Iran, nicht das Staatsoberhaupt
1981 - 1989: Seyyed Ali Chamenei
Mullah; Chomeini hat sich für ihn als Präsidenten ausgesprochen, späterer Revolutionsführer
1989 - 1997: Ali Akbar Haschemi Rafsandschani
Reformist, Mullah, Intellektueller; „zweiter Mann im Staat“ nach Chomeini; wohlhabend und einflussreich
1997 - 2005: Mohammad Chatami
Reformist, Intellektueller; beliebt bei jungen Iraner:innen und Studierenden (vor Protesten)
2005 - 2013: Mahmud Ahmadineschād
Ehemaliger Bürgermeister von Teheran, der sich gerne als „Mann des Volkes“ inszeniert
2013 - 2021: Hassan Rohani
Rohani folgte 1978 Ruhollah Chomeini in dessen französisches Exil. Nach der Islamischen Revolution 1979 kehrte er in den Iran zurück.
2003 wurde Rohani unter Präsident Chātami zum Chefunterhändler der Gespräche zwischen der EU-3 (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) und dem Iran bezüglich dessen Atomprogramm ernannt. Unter seiner Verhandlungsleitung konnte ein Stopp der Uran-Anreicherung erzielt werden, zugleich verhinderte Iran damit erfolgreich das Einschalten des UN-Sicherheitsrates.
seit 2021: Ebrahim Raisi
Ebrahim Raisi ist ein iranischer Jurist und Politiker und seit dem 3. August 2021 der Präsident des Iran. Raisi gilt als ultrakonservativ und wird von Menschenrechtsorganisationen und Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen aufgrund seiner Mitverantwortung für die Massenhinrichtungen politischer Gefangener im Jahr 1988 der Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezichtigt.
Expertenrat
Verfassungsorgan mit 86 Mitgliedern der Islamischen Republik Iran; wählt und überwacht den Revolutionsführer (Art. 11 Verfassung).
Revolutionsgarde
Die Revolutionsgarde bildet zusammen mit der regulären Armee (Artesch) die Streitkräfte des Iran und verfügt über ein eigenes Heer, Marine, Luftstreitkraft sowie eigenen Geheimdienst.
Bassijis
Als inoffizielle Hilfspolizei eingesetzte paramilitärische Miliz, die aus Freiwilligen rekrutiert; Organisatorisch eine Abteilung der Iranischen Revolutionsgarde.
Reformisten
Politische Fraktion bestehend aus islamischen Linken, deren Ideologie auf der Vorstellung einer Islamischen Demokratie basiert. Nach Khomeinis Tod 1989 weitestgehend geschwächt.
Mullah
Islamische Rechts- und Religionsgelehrte sowie Vorbeter
© Khamenei.ir, CC BY 4.0
Widerstandskämpfer:innen
Eine Auswahl
Jina Mahsa Amini
Iranerin aus Kurdistan (*21.9.1999 - †️ 18.9.2022)
Wegen angeblichem Verstoß gegen das Hidschāb-Gesetz wird sie von der Sittenpolizei tödlich verletzt und stirbt an den Folgen.
Nasrin Sotoudeh
Iranische Rechtsanwältin, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin (*30.5.1963)
Am 22.9.2010 wird sie verhaftet, 2020 wird ihr der „Alternative Nobelpreis“ (Right Livelihood Award) zugesprochen.
Shahin Najafi
Iranischer Sänger, Songwriter, Rapper und Gitarrist (*10.9.1980) mit Wohnsitz in Deutschland; gegen ihn wurde eine Todes-Fatwa erlassen.
Fereydun Farrochsad
Politikwissenschaftler sowie iranischer Dichter, Sänger und Schauspieler (* 7.10.1938 – †️ 6.8.1992)
Nach Islamischer Revolution wurde er gezwungen, sein Land zu verlassen und lebte im Exil in Deutschland. Er setzte sich für die Trennung von Staat und Religion ein und wurde 1992 in seinem Haus in Bonn ermordet.
Forough Farrochzad
Iranische Dichterin und Filmregisseurin (*5.1.1935 – †️ 14.2.1967)
Zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der iranischen Moderne; ältere Schwester von Fereydun Farrochsad
Narges Mohammadi
Iranische Menschenrechtsaktivistin und Mitglied des iranischen Zentrums für die Verteidigung der Menschenrechte (* 21.4.1972)
Wiederholt und aktuell in Haft, seit 2023 Friedensnobelpreisträgerin
Roody & Atour
Roody ist eine 23-jährige Rapperin und Hiphop-Tänzerin aus West-Teheran.
Ehsan Ziya a.k.a Atour (*7.10.1987) in Teheran ist ein Musik Produzent und Sound Engineer, der nun in London lebt.
Zusammen veröffentlichten sie 2022 den Song „Mahi“.
Die Auswahl der Menschen und Ereignisse entstand im Zusammenhang mit der Inszenierung "Chronik der Revolution" im Rahmen von WORX und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Stand: 15.12.2023.
Weiterführende Links
Unsere Dramaturg:innen empfehlen zur weiteren Einordnung: Ein aktueller Stand (September 2023) zu den Protesten der Bewegung "Frau Leben Freiheit" in Iran findet sich im Schwerpunkt der Bundeszentrale für Politische Bildung. Eine Dokumentation der ARD erzählt von dem Freiheitskampf der iranischen Aktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi.