Die neue VR-Inszenierung von RAUM+ZEIT beschäftigt sich anlässlich des 150. Geburtstags mit Thomas Mann. Ausgehend von seinem Opus magnum "Doktor Faustus", entstanden im kalifornischen Exil während des Zweiten Weltkriegs, erzählt RAUM+ZEIT vom Liebesverbot als Teufelspakt. Als Thomas Mann im Wohnzimmer seiner Villa am San Remo Drive in Los Angeles der versammelten Familie jenes Kapitel vorliest, in dem der heiß geliebte Ziehsohn des Protagonisten grausam sterben muss, herrscht allgemeines Entsetzen. Denn in einer Ecke spielt währenddessen Frido, Thomas Manns Lieblingsenkel, dem das tote Kind aufs Haar gleicht. RAUM+ZEIT verwebt Roman und Biografie, virtuelle und Live-Szenen zu einem traumhaften Spiel um Realität und Fiktion, Kunst und Leben, Begehren und Schuld.
Seit der VR-Inszenierung "ANTIGONE :: COMEBACK" (eingeladen zum Schweizer Theatertreffen 2019) untersucht das Kollektiv RAUM+ZEIT Spielräume des neuen digitalen Mediums in der darstellenden Kunst. Die hybriden Theaterentwürfe von Alexandra Althoff, Lothar Kittstein und Bernhard Mikeska verbinden virtuelle mit echten Räumen. Für die letzte am Berliner Ensemble entstandene Inszenierung "BERLAU :: KÖNIGREICH DER GEISTER" wurde das Kollektiv mit dem Friedrich-Luft-Preis 2022 ausgezeichnet.
Mit freundlicher Unterstützung durch die Aventis Foundation.
Teufel unter Palmen
2025, das Thomas-Mann-Jahr: Zum 150. Mal jährt sich der Geburtstag des weltbekannten deutschen Schriftstellers. Zu diesem feierlichen Anlass kommt sein inzwischen hochbetagter Enkel ins Berliner Ensemble, um Anekdoten und Erinnerungen an das gemeinsame Leben mit dem berühmten Großvater zu teilen, der während des Zweiten Weltkriegs im kalifornischen Exil lebte. Dort ließ er sich eine großzügige Villa bauen: Pacific Palisades, San Remo Drive 1550.
Oft ist der kleine Enkel hier zu Gast, während der Hausherr den "Doktor Faustus" schreibt, sein letztes großes und wohl abgründigstes, dunkelstes Werk. Hautnah erlebt der Junge, wie sein Großvater mit dem Stoff ringt. In dessen Zentrum steht der Komponist Adrian Leverkühn, der mit dem Teufel paktiert, um seine Schaffenskraft zu steigern. Am glücklichsten ist der Autor über die Figur des wunderschönen Knaben Nepomuk, der Pflegesohn des alternden Komponisten, der seine größte, zugleich letzte Liebe wird. Denn als Vorbild für den todgeweihten Nepomuk diente Thomas Mann sein über alles geliebter Enkel.
So darf der Junge aufbleiben und lauschen, als eines Abends das Kapitel, das vom schrecklichen Ende seines Alter Ego handelt, im Familienkreis zum ersten Mal verlesen wird. Gebannt lauschen die Onkel, Tanten und sein Vater. Champagner perlt in den Gläsern. Im Garten rauschen die Palmen. Doch was niemand ahnt: Der Teufel, der im Buch den Knaben holt, ist längst im Haus. Denn Thomas Mann war einst wirklich in jenem "steinernen Saal" im italienischen Palestrina, wo Leverkühn den Pakt schloss. Dort hat er logiert – und danach sämtliche Tagebücher dieser Zeit vernichtet. In Kalifornien aber holt ihn die Wahrheit ein, und seine mühsam errichtete Fassade als Künstler und Familienvater zerfällt.
- Alexandra Althoff, Lothar Kittstein, Bernhard Mikeska Idee und Konzeption
- Lothar Kittstein Text
- Bernhard Mikeska Regie
- Alexandra Althoff Dramaturgie
- Steffi Wurster Bühne
- Irene Ip Kostüme
- Knut Jensen Sounddesign
- RAUM+ZEIT , Heimspiel GmbH Video
- Frédéric Dautier Licht