WORX

"Räume schaffen, in denen ich sein kann, ohne allein zu sein"

Eine WORX-Bilanz

Die beiden WORX-Regisseure Alireza Daryanavard und Heiki Riipinen über ihre bewegendsten Momente in ihrem Residenzjahr am Berliner Ensemble, ihre Motivation, Theater zu machen und die zukünftigen Projekte.

von Alireza Daryanavard und Heiki Riipinen | 14.06.24
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Warum machst du Theater? Was ist deine Motivation? 

 

Alireza Daryanavard: Es fällt mir immer schwer, diese Frage zu beantworten. Ehrlich gesagt: Ich frage mich das nicht mehr. Theater zu machen entstand aus einem Bedürfnis heraus, aus einem Notwendigkeitsgefühl, das mir klarmachte: Es fehlt ein Raum, ein Safe Space für gewisse Themen, über die kaum jemand spricht. 

Heiki Ripiinen: Ich glaube, ich mache Theater, um Räume zu schaffen, in denen ich sein kann, ohne allein zu sein. Und in diesen Räumen können wir es wagen, an etwas zu glauben. Einen Moment lang. 

 

 

Was war deine größte Herausforderung bei WORX? 

 

Alireza Daryanavard: Ich glaube, die Produktion "Chronik der Revolution" hat mich richtig herausgefordert. Ich bin aber darüber sehr froh. Ich habe erstmals mit einem neuen Team gearbeitet – das war auch mein Wunsch. Gleichzeitig hatte ich mit Widerstand in Iran, meiner Heimat, ein Thema, das mir besonders vertraut war und das mir persönlich und emotional viel Energie gekostet hat. Dennoch bin ich froh darüber, weil die Arbeit bei mir viele Prozesse ausgelöst hat. Aufgrund vieler Mail-Zuschriften von Zuschauer:innen habe ich bemerkt, dass ich damit nicht alleine war. 

Heiki Ripiinen: Ich finde es immer eine große Herausforderung, Theater zu machen. Speziell bei WORX habe ich versucht, mutige Arbeitsräume zu schaffen, was schwierig ist, da es in meinem Job auch darum geht, anderen Raum zu geben, um auszudrücken, wie sie nicht nur die Welten sehen, die wir gemeinsam aufzubauen versuchen, sondern auch die Welt, in der wir sie aufzubauen versuchen. 

© Moritz Haase

Was war dein erfüllendster oder inspirierendster Moment bei WORX? 

 

Alireza Daryanavard: Mit "Peitschenstück" hatte ich das Privileg, mit unglaublichen Leuten außerhalb des festen Ensembles zu arbeiten. Es ist immer inspirierend, wenn du mit Menschen arbeitest, die aus verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen, unterschiedliche Hintergründe mitbringen, die alternative Auffassungen vom Theater haben. Das verändert die Probenweise. Es wird viel von eigenen Erfahrungen erzählt und nach jeder Probe nehme ich etwas Neues mit. 

Heiki Ripiinen: Die allerletzten Minuten der letzten Show von "Insomnia" werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Wo das Publikum spontan anfing, mit uns ein norwegisches Wiegenlied zu singen, das sie nur einmal sechs Stunden zuvor im Foyer gehört hatten. Da hatte ich das Gefühl, nicht allein zu sein, dazuzugehören. 

 

 

Hast du schon Pläne, wie es im Theater für dich weitergeht?

 

Alireza Daryanavard: Ja, es gibt Pläne. Ich werde nach Wien zurückkehren und mit meinem Kollektiv mein langjähriges Projekt "Stop Femizide" abschließen. Danach werde ich mir ein paar Monate Pause gönnen, ehe ich mich auf mein erstes Opernprojekt in Wien vorbereite. 

Heiki Ripiinen: Dieses Jahr konzentriere ich mich auf das Kuratieren eines Theaterfestivals in meiner norwegischen Heimat, dem Porsgrunn International Theatre Festival. Nächstes Jahr werde ich eine experimentelle Performance in Kopenhagen, ein Musical in Oslo und einen weiteren Klassiker in Berlin auf die Bühne bringen – die Aufgabe besteht also darin, bei Verstand zu bleiben und die Fäden zu finden, die diese Projekte miteinander verbinden. Generell möchte ich mich mehr mit neuen Texten befassen, also lese ich viele Stücke, die noch nicht aufgeführt wurden, und suche nach neuen und überraschenden Geschichten.

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