Willy Loman ist ein Selfmademan! Vor mittlerweile ein paar Jahrzehnten war er einer der Fleißigsten seiner Branche. Er war erfolgreich. Leider läuft das Geschäft heute nicht mehr so gut und während sich die Rechnungen stapeln, ändern sich die Zeiten – nur Willy nicht. Er kann nicht verstehen, warum harte Arbeit und der Glaube an sich selbst nicht mehr reichen sollen. Was ihm bleibt, sind seine Träume, der Stolz und die Nostalgie.
Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" zeigt den Abstieg eines Mannes, der bedingungslos an den "American Dream" glaubt und dabei dessen Brutalität übersieht: all die Lügen, die wir uns erzählen, um unsere Sehnsucht nach Macht, nach Sicherheit und nach Anerkennung zu rechtfertigen; all die Menschen, die wir opfern für unsere Erwartungen; aber auch die Momente, in denen Gemeinschaft trotz allem doch möglich gewesen wäre.
Max Lindemann ist im Ruhrgebiet aufgewachsen und studierte Schauspielregie. Nach seinem Debüt mit "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch" inszenierte er am Berliner Ensemble zuletzt die Uraufführung von Sibylle Bergs "Es kann doch nur noch besser werden" und die inszenierte Lesung von Michel Friedmans "Fremd" mit Sibel Kekilli.
Von Angst und Sehnsucht
Vor kurzem tauchte ein Brief Arthur Millers auf, in dem er einer damaligen Studentin Einblicke in das gibt, was ihm beim "Tod eines Handlungsreisenden" wichtig war. Als zentrales Problem beschreibt er darin ein gesellschaftliches Ideal, das Menschen nicht dafür schätze, was sie gemeinsam für und mit anderen erreichen; sondern vielmehr dafür, was sie "akkumulieren" – also an Macht, Geld und Status anhäuften. Dieses Ideal, so Miller, führe zu Hass untereinander und begründe schließlich unsere Ängste. Mehr noch: "…ob man darin erfolgreich ist oder nicht, früher oder später wird man sich seiner Leere, seiner inneren Armut und seiner Isolation von der Menschheit bewusst."
Millers Ringen um die Ideale unserer Gesellschaft ist 75 Jahre alt, es ist – so weit weg uns der Beruf des Handlungsreisenden heute auch scheint – genauso aktuell wie die Lügen, die wir uns erzählen, um unser Verlangen nach Macht, nach Sicherheit und nach Anerkennung zu rechtfertigen. Es ist genauso aktuell, wie die Suche nach Vergebung von all den Menschen, die wir opfern für unsere Erwartungen. Aber auch so aktuell, wie die Sehnsucht nach Momenten, in denen Gemeinschaft trotz allem doch möglich ist.
Von Johannes Nölting
- Jannik Mühlenweg als Happy
- Martin Rentzsch als Ben, Charly, Howard Wagner
- Oliver Kraushaar als Willy Loman
- Kathleen Morgeneyer als Linda, Kellner
- Max Gindorff als Biff
- Max Lindemann Regie
- Marlene Lockemann Bühne
- Sonja Deffner Musik
- Benjamin Schwigon Licht
- Johannes Nölting Dramaturgie
- Eleonore Carrière Kostüme